Ist deine Leidenschaft Pflicht oder Kür?
Juhu, Leidenschaften nachgehen! Hört sich das nicht toll an? Du schaffst Raum in deinem Leben, und darin tust du, was du am meisten liebst. Tanzen. Gitarre spielen. Malen, schreiben, lesen, lernen. Dich in dein Lieblingsthema vertiefen. Joggen, rollerskaten.
Das Merkwürdige ist, dass viele von uns auf einmal trödeln, wenn wir regelmäßig einer Leidenschaft nachgehen. Meine KlientInnen erzählen mir Varianten von: “Mit mir stimmt etwas nicht. Ich wollte nichts lieber als mehr Zeit zum Schreiben. Und jetzt mache ich alles andere als das!”
Um das Ende vorwegzunehmen: Mit dir ist alles in Ordnung. Es gibt nämlich einen guten Grund dafür, dass du deiner Leidenschaft nicht so oft nachgehst, wie du dachtest und auch wolltest.
In diesem Artikel erkunde ich, warum das so ist, und gebe dir Schritte, wie du dein Verhalten änderst.
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Habe ich das nicht schon mal gesagt?
Ja, habe ich. Ich werde es auch noch öfter sagen - so lange, bis du es schaffst, die nötigen Veränderungen vorzunehmen. Weißt du, es kommt nicht darauf an, das alles zu wissen und zu verstehen, sondern darauf, auch wirklich etwas zu ändern.
Wiederholung ist eine der besten Lernmethoden. In der Werbung sagt man, dass Konsumenten eine Anzeige im Schnitt siebenmal sehen müssen, bis sie anbeißen (sprich: kaufen). Das gleiche Prinzip gilt für Änderungen im Verhalten.
Wenn es etwas gibt, das du in deinem Leben verbessern willst, eine Veränderung, die du für nötig hälst - bleib dran. Lass dich nicht frustrieren, weil du bislang noch nicht tätig geworden bist. Setze dich stattdessen ständig der “Message” aus und eines Tages wirst du bereit sein.
Vielleicht brauchst du auch einen Tritt in den Allerwertesten oder musst es zum 10. Mal hören oder lesen, nur etwas anders formuliert, und dann fällt bei dir der Groschen. Hab Geduld.
Zwei Gründe, warum sich deine Leidenschaft wie eine lästige Pflicht anfühlt
Du hast dir also Zeit genommen und dachtest, dass du jeden Abend Klavier üben würdest. Das hast du in den ersten Wochen auch getan. Aber jetzt, sechs Monate später, kannst du dich kaum einmal pro Woche ans Klavier zerren. Du hast ein schlechtes Gewissen.
Hast du die Leidenschaft fürs Klavier verloren? Schon möglich. Viel wahrscheinlicher ist aber, dass du in eine der zwei folgenden Fallen getappt bist:
Du hast dir Zeit genommen, aber die drei Säulen vergessen. Kleine Erinnerung, die drei Säulen sind Ruhe, Self Care und Leidenschaften. In deinem Eifer, zur dritten zu gelangen, hast du die ersten beiden vergessen und dabei ist dir die Puste ausgegangen. Self Care ist wohl selbsterklärend, und Ruhe ist unglaublich wichtig, nicht nur nachts, sondern auch als Auszeit tagsüber. Du brauchst Zeit, um nur herumzuhängen und etwas Unproduktives zu tun, auch mal gar nichts.
Du steckst im Arbeits-Mindset fest. Unsere Welt wird vom praktischen Denken dominiert. Wir müssen effizient sein, ob nun bei der Arbeit, wenn wir unsere Hausarbeit planen oder die Zeit mit Freunden, alles. Aber dieses Mindset passt nicht zu Leidenschaften. Wenn du dein Klavierüben (nur als Beispiel) strukturierst, feste tägliche Zeiten planst und das alles mit militärischer Präzision angehst, tötest du deine Leidenschaft ab. Leidenschaften, selbst wenn sie nicht künstlerisch oder kreativ sind, verlangen eine andere Einstellung.
Das fehlende Element
Jetzt hast du also die drei Säulen umgesetzt und Gleichgewicht in deinem Leben geschaffen (siehe den 1. Schritt oben). Jetzt ist es Zeit, im Kopf einen anderen Gang einzulegen.
Wenn du bei der Arbeit eine bestimmte Leistung in einem bestimmten Zeitrahmen erbringen sollst, oder wenn du zu Hause den Haushalt organisierst und deine Einkäufe für die Woche planst, musst du methodisch vorgehen. Effizienz, logisches Denken, Praktisches siegen in diesem Bereich.
Im Gegensatz dazu erfordern Leidenschaften einen Sinn fürs Spielerische. Selbst wenn es keine kreative Leidenschaft ist: Wenn sie dein Feuer entfachen soll, musst du sie mit einem Sinn von kindlichem Staunen angehen, mit Entdeckergeist und dem Prickeln des immer-Neuen.
Du musst ganz in diesem Erlebnis aufgehen, selbst wenn Teile davon praktisch durchdacht werden müssen (wie etwa ein Trainingsplan, um ein Ziel in einer Sportart zu erreichen, die deine Leidenschaft ist). Dieses Loslassen trotz voller Konzentration ist auch das, was den wundervollen Zustand des “Flow” erzeugt.
Wie man umschaltet
Der einfachste Weg, um das zu erreichen, ist eine Methode wie der 30-Minuten-Unplug, den ich neulich vorgeschlagen habe. Der Hauptgrund, warum sich deine Leidenschaft wie eine lästige Pflicht anfühlt, ist nämlich, dass du sie wie eine solche behandelst!
Wenn ich “uff” denke beim Gedanken ans Klavierüben, werfe ich die Tonleitern und Fingerübungen vorerst aus dem Fenster und blättere durch meine Stapel von Noten. Dort stoße ich bald auf ein Stück, das ich noch nicht kann, oder eines, das ich als Kind gespielt habe, und dann setze ich mich hin und radebreche mich hindurch.
Ich verliere mich in der Schönheit und Emotion, auch wenn es sich furchtbar anhört. Völlig versunken in meiner Tätigkeit merke ich nicht mehr, wie die Zeit vergeht. Schließlich übe ich auch die Stücke, an denen ich momentan arbeite, und am Ende stehe ich mit Feuer im Bauch auf.
Das ist Leidenschaft. So sollte es sein. Wenn dir das fehlt, finde deine Verspieltheit, dein kindliches Staunen und deine Freude. Diese Gefühle festzuhalten, dieses Gegengewicht an Verspieltheit gegenüber unserem Normalzustand der Vernunft ist etwas vom Gesündesten, das du für dich tun kannst.