Beruf und Privatleben im Gleichgewicht in 3 Schritten
Beruf und Privatleben im Gleichgewicht - “work-life balance” - ist ein Modebegriff, der vor allem von Firmen gern verwendet wird. In Zeiten des Fachkräftemangels stellen sich Arbeitgeber gern als progressiv und mitarbeiterfreundlich dar. Andere treiben natürlich ihre Angestellten nach wie vor bis zur Erschöpfung an und erwarten, dass sie rund um die Uhr verfügbar sind, aber die Zahl dieser Firmen nimmt glücklicherweise ab.
Jedoch liegt die Verantwortung für wahres Gleichgewicht letztlich bei jedem Einzelnen. In Anbetracht der hohen Erwartungen, einen Job zu haben, den Haushalt zu machen und ein funkelndes Privatleben zu führen, während man irgendwie auch regelmäßig Sport treibt und toll aussieht, ist aber ein wie immer geartetes Gleichgewicht eine Herausforderung.
Üblicherweise fällt man in eine von zwei Kategorien. Eine besteht aus den Meistern des Zeitmanagements, die nach der Uhr leben und alles mit eiserner Disziplin schaffen. Vielleicht haben sie Schlafstörungen oder andere Stresssymptome, aber sie schaffen es, alles zu vereinbaren. Die andere Gruppe besteht aus denjenigen, die im Grunde aufgegeben haben und akzeptieren, dass ein oder mehrere Bereiche ihres Lebens vernachlässigt werden. Das könnte die Gesundheit sein, die Freizeit, tun, was man liebt / Leidenschaften…
Ich predige ständig, dass es noch einen dritten Weg gibt. Und weil noch viel mehr Menschen davon hören müssen - und andere es wiederholt hören müssen, damit sie anfangen, es zu glauben und umzusetzen, stelle ich es im Folgenden noch einmal dar.
Schritt 1: Gewöhn dir die Sucht ab
Stress und ständig beschäftigt zu sein, ist tatsächlich eine Sucht. Wahrscheinlich ist es die weitverbreitetste unserer Zeit, aber nur wenige wissen darüber Bescheid. Das ständige Bedürfnis, beschäftigt zu sein, im Notfall sogar vor dem Computer oder Smartphone, ist nicht gesund - es bringt dich ganz wörtlich um.
Kurze Erklärung: Adrenalin fühlt sich gut an. Es peitscht deinen Puls hoch, setzt dein Gehirn in Trab und alle Muskeln in Alarmbereitschaft. Im Grunde ist Stress der Zustand, in dem du dich befindest, wenn du jeden Augenblick erwartest, von einem Räuber angefallen zu werden. Du bist bereit zu fliehen.
Das ist nützlich, wenn auch wirklich ein Räuber in der Nähe ist. Überall sonst ist der Stress unangebracht. Adrenalin wird durch körperliche Anstrengung abgebaut; wenn es nicht abgebaut wird, können die erhöhten Werte Probleme bereiten und großen Schaden anrichten.
Obwohl er anfangs erfrischend wirkt, macht Stress langfristig müde. Das ist das vorrangige Gefühl, das heutzutage viele haben: Sie sind ständig unterwegs - angetrieben von Adrenalin - und kippen dann erschöpft aufs Sofa, sobald sie einen Moment innehalten.
Eine Sucht zu überwinden war noch nie einfach, und du wirst auf die zwei Dinge, die ich unten vorschlage, wirklich, wirklich keine Lust haben. Es ist jedoch entscheidend, dass du sie tust - sorry! Und zwar:
Tu absolut nichts für 10 Minuten jeden Tag. Keine Musik, keine Bildschirme, nicht einmal stricken. Du wirst anfangs glauben, du drehst durch, aber nach ungefähr einer Woche kommt die Entspannung. Die Gedanken kommen zur Ruhe.
Achte auf genügend Ruhe, vor allem Schlaf. Es ist die Anstrengung wert, ausreichend Schlaf zu erhalten - er ist viel wichtiger, als du vielleicht glaubst.
Schritt 2: Mach etwas Sinnloses
Okay, vielleicht nicht wirklich sinnlos. Ich habe diesen Titel gewählt, weil wir durch die gesellschaftliche Gehirnwäsche so überzeugt sind, wir müssten jede Minute des Tages produktiv sein, dass es uns schwerfällt, etwas ernstzunehmen, das keinen unmittelbaren “Nutzen” hat, wie etwa:
Ein Hobby oder eine Leidenschaft, mit der du ganz bestimmt niemals auch nur einen einzigen Cent verdienen wirst.
Ein neues Interesse oder Hobby, das du noch nie ausgeübt hast und worin du deshalb sehr schlecht bist.
Alles, was dich zum Lachen bringt, wie ein alberner Film oder ein “Weiberabend” mit Freundinnen.
Hier ist der Grund, warum das so wichtig ist.
Wir sind so auf Produktivität fokussiert, dass sogar ich das Bedürfnis verspüre, alles in den Kontext von Nützlichkeit zu setzen. Wenn ich Ruhepausen empfehle, sage ich dazu, dass dich das kreativer oder produktiver bei der Arbeit macht. Das will ich gar nicht wirklich sagen, aber zumindest besteht so eine Chance, dass es die Leute ernst nehmen!
In Wahrheit ist es wichtig, “Sinnloses” zu tun, weil wir nicht menschliche Tuer sind, sondern menschliche Wesen. Wir müssen auch Dinge tun, einfach weil wir Lust dazu haben. Freude und Glück sollten einen höheren Stellenwert erhalten. Leidenschaften nachzugehen und scheinbar Sinnloses zu tun, nur weil es Spaß macht, trägt zu diesen Gefühlen bei, und das ist Grund genug.
Schritt 3: Lerne dynamisches Gleichgewicht kennen, die wahre Balance im Leben
Wenn du mit Beruf und Privatleben im Gleichgewicht meinst, dass du nie wieder Stress hast, muss ich dich enttäuschen. Es heißt auch nicht, dass du jeden Tag zur gleichen Zeit nach Hause kommst, dann einen entspannten Abend mit deinen Liebsten verbringst und etwas Erbauliches wie Handarbeit machst.
Abhängig von deinem Job wird es wahrscheinlich weiterhin Zeiten geben, wo du Überstunden arbeitest, um ein wichtiges Projekt fertigzustellen. Vielleicht kommen Wochen, in denen du täglich Krach mit deinem Kind hast, weil es als Teenager in der rebellischen Phase ist. Du oder jemand um dich herum könnte krank werden oder sich ein Bein brechen und du findest keine Zeit für deine Leidenschaften. Ein andermal wirst du so vertieft sein in das, was du liebst, dass du alles andere vernachlässigst.
Solange sich diese Phasen abwechseln und auf hektische Zeiten Ruhe und Frieden folgt, hast du nicht versagt. Im Gegenteil, du hast den seltensten Zustand unserer Zeit erreicht: ein ausgefülltes Leben.
“Gleichgewicht” in Bezug auf das tägliche Leben heißt nicht, das alles immer im genau gleichen Maß vorkommt. Es heißt, dass sich langfristig alles ausgleicht. Es ist völlig normal, dass ein oder mehrere Lebensbereiche für eine Weile die Oberhand gewinnen. Solange das temporär ist und darauf eine gegensätzliche Phase folgt, ist das Leben genau so, wie es sein sollte.
Das nennt sich dynamisches Gleichgewicht und ist der heilige Gral des modernen Lebens. Es ist auch besonders förderlich für echte Glücksgefühle! Zufriedenheit wechselt sich mit einer gelegentlichen Dosis von gesundem Stress ab, was das Leben spannend macht und dir jede Menge Energie gibt, um das zu tun, was du liebst - sei es für Geld oder einfach aus reiner, wilder Freude daran.